DZC: Fusskalt hier

Wer es noch nicht getan hat, der lese bitte zuerst die zu diesem „Tagebuch“ gehörende Einleitung.

Nachdem der Zwerg meinte, er sei imstande, sich verbal mit mir messen zu können, mußte ich natürlich schwerere Geschütze auffahren. Schnell nochmal alte Deutschklausuren aufgeschlagen und nach den Fremdworten einiger rhetorischer Figuren gegoogelt und ich bin gewappnet. Jetzt muß er nur noch kommen…

Als hätte er nur darauf gewartet, klingelt es an der Tür. Die scheppernden Geräusche vor, während und nach dem Türklingeln erklären, dass nur er es sein kann. Höflich, aber nicht zu freundlich begrüße ich ihn.
„Meine Fresse. Die LKW’s ab 5.30 Uhr morgens hier auf der Straße sind ganz schön nervig“ meckert er. „Ebenfalls hallo oder guten Tag oder so“ sage ich. „Jaja, komm, scheiß auf die Floskeln. Hier im Flur is‘ kalt. Lass mich rein.“ Weder seine Verbalakrobatik von gestern noch die Tatsache, dass wir uns gesiezt haben, sind offenbar Teil seiner Erinnerung.
„Zieh Dir wenigstens die Stiefel …“, aber da ist er schon an mir vorbei in unsere Wohnung gepoltert. Zielstrebig, als würde er sich auskennen, nimmt er den Weg ins Arbeitszimmer. Den verdutzten Gesichtsausdruck meiner Frau ignoriert er gekonnt und verwickelt sie ins Gespräch: „Sag mal, Dein Mann ist aber auch ein Klappspaten. ICH soll die Stiefel ausziehen, wo doch jeder hier in dem Haus weiß, dass die Kälte der Kellerwohnung nach oben zieht. Soll ich mich etwa erkälten? Ich habe mich sowieso schon beim Mieterschutz informiert. Die Kellerwohnung ist keine artgerechte Haltung für einen Zwerg. Wir Zwerge brauchen mehr Auslauf, in alle Richtungen.“
Meine Frau schaut über seinen Kopf hinweg in mein Gesicht. Ich bin mir unschlüssig und kann den Gesichtsausdruck nicht interpretieren. Heißt es „Hab ich Dir nicht gesagt, dass es hier fusskalt ist?“ oder heißt es vielleicht doch „Schaff dieses Etwas hier weg. Denn noch nen kleinen, dicken, unrasierten Verfressenen muss ich hier nicht haben?“
Ich schultere den Zwerg und stelle ihn scheppernd mit den Worten „Ich muss mal mit meiner Frau reden“ vor unserer Wohnungstür ab. „Kein Thema, bis gleich“, antwortet er und trottet in Richtung seiner Kellerwohnung.
„Schatz, hör mal, in Zukunft werde ich mich häufiger rasieren und das mit dem Essen …“ kann ich noch sagen, ehe ein Höllenlärm von unten losbricht.

Weiter zum nächsten Teil: „Ein Durchbruch

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